Patricia Cornwell: Wer war Jack the Ripper?

  • Verlag: Goldmann (2005)
  • 477 Seiten

Klappentext: „Zwischen August und November 1888 wurden im Londoner Stadtteil Whitechapel fünf Frauen auf bestialische Weise ermordet. Der Täter ging als erster Serienkiller in die Geschichte ein und wurde nie gefunden – bis heute!“

Walter Sickert – Maler und Mörder?

Patricia Cornwell hat keine Kosten und Mühen gespart, dem Ripper-Geheimnis auf die Spur zu kommen. Für sie steht fest: Walter Sickert, exzentrischer Maler mit deutscher Abstammung, ist der Schuldige. Sie hat eine Fülle von Indizien zusammengestellt, die Sickert hieb- und stichfest als Mörder entlarven sollen.

Zum einen muss gesagt sein: das Buch ist schlicht und ergreifend spannend. Es liest sich gut und bleibt interessant. Ich bin keinesfalls Experte im Gebiet der Kriminologie, ich habe wenig Ahnung von Jack the Ripper und habe mich bisher wenig bis gar nicht mit dem Thema beschäftigt. Die meisten Fakten, die Cornwell nennt, waren für mich dementsprechend neu. Sie schreibt viel zu den Opfern, zu den Tathergängen, der Polizeiarbeit und dem England zu dieser Zeit. All dies ist sehr interessant, auch wenn ich mir vorstellen kann, dass für „Ripperologen“ das meiste bekannt sein dürfte.

Sie schreibt aus ihrer Sicht, wodurch das Buch manchmal ein wenig durcheinander wirkt. So springt sie von einem Mord zu Ripper-Briefen zur Biografie von Walter Sickert und wieder zum nächsten Mord. Zudem ist es so, dass sie selbst so sicher ist, Sickert als Mörder enttarnt zu haben, dass sie wenig Raum für eigene Gedanken lässt und „Sickert“ und „Ripper“ oftmals als Synonyme gebraucht. Sie bringt auch einige Indizien an, die beweisen sollen, dass Sickert der Schuldige ist. Zwar klingt viel von dem, was sie schreibt, schlüssig und überzeugend, allerdings gibt es – soweit ich nach eigenen Nachforschungen weiß – auch einige Indizien, die gegen Sickert als Täter sprechen. Diese bleiben von ihr aber gänzlich unerwähnt.Ihre „Beweise“ beruhen zumeist auf Vermutungen und eigenen Interpretationen.

Das „Porträt des Killers“ ist dementsprechend hauptsächlich ein Porträt Walter Sickerts, andere mögliche Täter werden kaum in Betracht gezogen. Eventuell wäre es besser gewesen, sich weniger auf Sickert als Täter einzuschießen und ein wenig kritischer an die Sache heranzugehen. Viele „Beweise“ wirken für mich ein wenig zurechtgebogen, keinesfalls stichfest, wie im Klappentext beworben. Was das Buch aber gut schafft: nach der Lektüre hatte ich große Lust, mich weiter mit dem Ripper zu beschäftigen, mein Interesse wurde geweckt. Cornwell hat ein ausführliches Quellenverzeichnis, das eine grobe Orientierung bietet. Ob Sickert nun der Mörder war oder einfach nur ein exzentrischer und unsympathischer Zeitgenosse, „Spaß“ beim lesen (sofern man hier von Spaß reden kann) hatte ich jedenfalls.

Fazit: Letztendlich gibt es viele Bücher und Dokumentationen, bei denen der Mörder „entlarvt“ wird. Die Beweise, die in diesem Buch angeführt werden, führen für mich letztendlich ähnlich wahrscheinlich zum Täter wie in sämtlichen Dokus, die ich mittlerweile gesehen habe. Mit anderen Worten: die Identität des Mörders ist immer noch nicht gesichert. Das Buch von Cornwell ist dennoch interessant, wenn man ihre Erkenntnisse mit Vorsicht genießt. Außerdem regt dieses Buch dazu an, sich noch genauer mit den Morden zu beschäftigen – Bücher zu dem Thema gibt es glücklicherweise genug.

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