Laurie Halse Anderson: Wintermädchen

  • Verlag: Ravensburger (2012)
  • Übersetzung: Salah Naoura
  • 368 Seiten
Klappentext: „In der Silvesternacht leisten die beiden Freundinnen Lia und Cassie einen heiligen Schwur: Sie wollen alles dafür tun, die dünnsten Mädchen der Schule zu sein. Nun ist Cassie tot und für Lia bricht eine Welt zusammen. Doch die Stimmen in ihrem Kopf werden immer lauter. Sie befehlen ihr zu hungern und Lia gehorcht – in ihrem einsamen Kampf gegen sich selbst, ihre Eltern und ihre tote Freundin, die in der Welt der Wintermädchen auf sie wartet.“
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Mit Vorsicht zu genießen

„Wintermädchen“ gehört meiner Meinung nach zu den besseren Büchern über das Thema Essstörungen/Magersucht. Anhand des Klappentextes hätte ich gedacht, dass man ein wenig mehr über die Freundschaft zwischen Cassie und Lia und ihren Weg in die Magersucht erfährt, daher habe ich nicht ganz das bekommen, was ich erwartet hatte. Tatsächlich steigt das Buch nach Cassies Tod ein, Lia selbst steckt mittendrin.

Lias Gedanken werden gut und detailliert dargestellt, durchgestrichene Gedanken verdeutlichen ihre innere Zerrissenheit, die Entfremdung zu den Personen, die ihr eigentlich nahestehen. Das Buch beinhaltet außerdem Kalorienangaben und gibt einen relativ klaren Blick in die Krankheit, daher würde ich es mit Vorsicht genießen und Betroffenen lieber nicht empfehlen. Aber auch für alle anderen ist dieses Buch nicht unbedingt leichte Kost: der Schreibstil mag recht einfach und einem Jugendbuch angemessen sein, inhaltlich geht es aber zur Sache. Man bekommt die Trauer Lias um ihre beste Freundin hautnah mit, die Verzweiflung ihrer Familie und auch Lias eigenes ringen mit dem Tod. Außerdem plagen Lia Schuldgefühle wegen Cassies Tod. All dies wird sehr authentisch erzählt und obwohl Lia nicht immer ein einfacher Charakter ist, gehen einem die Geschehnisse im Buch sehr nah. Die Reaktionen des Umfelds, die Hilflosigkeit – all das ist förmlich spürbar. Das Buch ist sehr düster und lässt einen mit einem dumpfen Gefühl zurück. Für Personen, die nicht selbst betroffen sind und die über das Thema lesen möchten, durchaus empfehlenswert.

Zur Freundschaft zwischen Cassie und Lia erfährt man tatsächlich recht wenig, es geht hauptsächlich um Lia und ihre Gefühle, ihr Familienleben. Als Leser kann man nur vermuten, wie genau es so weit kommen konnte. Dafür wird die Zeit mit der Krankheit umso genauer beschrieben. Außerdem werden einige Andeutungen gemacht, die später nicht wieder aufgegriffen werden. Auch dazu kann man als Leser nur vermuten, wie es weitergeht. Zum Beispiel, wie ihre kleine Schwester mit der Situation umgeht und ob ihre Stiefmutter aus den Erfahrungen lernt. Dazu hätte ich gern mehr gelesen, kann aber auch verstehen, dass der Fokus wohl nur auf Lia liegen sollte.

Fazit: Ein gutes Buch zum Thema Magersucht, aber mit Vorsicht zu genießen. Nicht unbedingt für Betroffene oder Gefährdete zu empfehlen, da die Inhalte triggern könnten.

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