Martin Schörle: »Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« und »Einladung zum Klassentreffen«

  • Verlag: Engelsdorfer Verlag (2016)
  • 119 Seiten

Klappentext: „Der kabaretteske Monolog »Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« beschert dem geneigten Leser Einblicke in das Leben des Vollblutverwaltungsgenies Hans Fredenbek, der sich in seinem ganz eigenen Gedankengewirr aus Aktenzeichen, Dienstverordnungen, statistischen Erhebungen zusehends verheddert. Es wird deutlich, dass er sich von dem Leben jenseits seines Büros nahezu völlig verabschiedet hat. Vor allem aber wird schonungslos aufgedeckt, dass es zwischen Slapstick und Tragik eine Nahtstelle gibt. Und dass diese Nahtstelle einen Namen hat. Und dass dieser Name Hans Fredenbek ist. Mit einer Lesung aus seinem Stück war Schörle 2008 beim Autorenwettbewerb »Perlen vor die Säue« im Literaturhaus Hamburg erfolgreich (2. Platz von acht Finalteilnehmern aus insgesamt rund 100 eingereichten Beiträgen). Das Stück wurde außerdem im Rahmen der »Hamburger Theaternacht« als offizieller Beitrag des Hamburger Sprechwerks von »Caveman« Erik Schäffler auszugsweise gelesen. – »Einladung zum Klassentreffen« In ihrer Schulzeit hatten Marina und Carsten eine Liebesbeziehung. Nach 20 Jahren soll ein Klassentreffen stattfinden. So meldet sich Carsten, einer der Initiatoren, auch bei Marina, deren Leben nach Schicksalsschlägen zeitweilig aus den Fugen geraten war. Die gemeinsame innige Zeit ist für sie längst Vergangenheit, ein Früher. Aber an Carstens Gefühlen hat sich anscheinend nichts geändert. Sein Anruf weckt auch bei Marina Erinnerungen. Das unverfänglich begonnene Telefonat führt beide in ein Wechselbad der Gefühle … Inhaltlich eine Liebesgeschichte wagt das Stück den Spagat zwischen Komik & Tragik, Lachen & Weinen. »Einladung zum Klassentreffen« wurde vom Publikum beim Wettbewerb »Stücke Schießen – Neue Dramatik. Neue Autoren. Neue Theatertexte« der Theaterliga zum Gewinnertext gekürt und erreichte bei der Spielplanwahl 2012/2013 des Thalia Theaters Hamburg den 8. Platz.“

Im Buch sind gleich zwei Theaterstücke enthalten, die sich jedoch recht stark voneinander unterscheiden. „Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten“ ist ein Stück, dass sich ganz um den Vollblutbeamten Hans Fredenbek dreht, der sich in einem schier endlosen Monolog über alle möglichen Dinge auslässt. Aufgrund von Fredenbeks Art ist das erste Stück auch das schwerer zu lesende. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Lesen mir keinen Spaß bereitet hätte, ganz im Gegenteil. Fredenbeks überspitzte und merkwürdige Art war komisch und unterhaltsam, gleichzeitig brachte sie mich auch zum Nachdenken. Fredenbek scheint über seine Arbeit alles andere komplett vergessen zu haben, dies hebt auch hervor, welche Personen im Stück gerade nicht auftreten. Das Ende hatte für mich eine leicht bittere Note, wobei ich es gerade deshalb sehr gelungen fand. Da werden auch nochmal Fäden, die beinahe im Monolog zwischen selbstmörderischen Kalmaren und Gedanken zum Ratgeber des Ehepaares Pease untergehen, aufgegriffen. Hier muss man sehr genau lesen, um folgen zu können und die wichtigen Informationen auch mitzubekommen. Ich denke auch, dass sich bei diesem Stück ein zweiter Blick lohnt, da dann nochmal ganz andere Sachen auffallen. Insgesamt ein vielschichtiges Stück, dass mich gefordert hat und mir gleichzeitig beim Lesen viel Spaß bereitete.

Das zweite Stück liest sich deutlich leichter. Hier stehen zwei Personen im Dialog miteinander. Eigentlich wollte Carsten Marina zu einem Klassentreffen einladen, doch aus dem Telefonat entwickelt sich mehr. Immer weiter rollt sich die Vorgeschichte der Personen vor dem Leser auf, mal witzig, mal tragisch und auf jeden Fall unterhaltsam. Was hier auch wieder auffällt ist, wie gut der Autor Feinheiten und Gefühlsnuancen in seine Sätze verpacken kann. Wo im ersten Stück die Interaktion mit anderen Menschen eher rar gesät ist, lebt das zweite Stück von dem lebendigen Dialog und den Einwürfen von Außerhalb (den anderen Passagieren im Zugabteil, in welchem Marina sich befindet). Durch die Szenerie erinnert das ganze an die typischen Gespräche im Zug, wo man am liebsten erfahren würde, wie es weitergeht. Der entscheidende Unterschied dazu ist, dass wir es hier tatsächlich erfahren. Ich kann nicht unbedingt sagen, dass mir dieses Stück besser gefallen hätte, aber es las sich auf jeden Fall flüssiger und schneller. Beim ersten Stück musste ich ab und zu Pause machen, da es doch recht viel Input war, während ich das zweite Stück in einem Zug verschlungen habe.

Fazit: Zwei Theaterstücke, die zwar sehr unterschiedlich sind, aber beide gleichermaßen durch einen wirklich guten Schreibstil glänzen und die mir beide sehr gut gefallen haben. Hervorheben möchte ich die Vielschichtigkeit und die versteckten Details. Wenn man gerne Theaterstücke liest, sollte man diesen beiden Stücken auf jeden Fall eine Chance geben.

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