Anna Maria Brandi: Das Sommerkleid der Schauspielerin

  • Verlag: neobooks (2019)
  • 290 Seiten

Klappentext: „Deutschland 1860: Nach den zerplatzen Hoffnungen der 48er Revolution versuchen zwei Geschwister die Flucht aus den Zwängen ihrer bürgerlichen Herkunft.

Fanny Sommer ist 24 Jahre alt, unverheiratet und mit einem katholischen Damenstift als einziger Zukunftsaussicht. Abwechslung bringt eine fahrende Theatertruppe. Fanny erliegt der Anziehungskraft der Bühne. Fast kommt es zu einem Kuss mit einem Schauspieler. Ein Skandal in der kleinen Stadt! Währenddessen bricht der 19jährige Bruder Paul sein Jura-Studium ab, kämpft mit Garibaldis Freischärlern in Sizilien und macht sich auf den Weg nach Amerika, um die Nordstaaten im Bürgerkrieg zu unterstützen. Er versteigt sich in den Plan, mit der Schwester ein Theater in Brooklyn zu gründen. Für Fanny bedeutet das den lang ersehnten Ausweg aus dem Stillstand ihres Lebens. Sie beteiligt sich an einer Liebhaberaufführung, um Schauspielerfahrungen zu sammeln. Am Tag nach der Premiere will sie heimlich nach Amerika aufbrechen. Doch dann erreicht sie ein Brief, der alles ändert.“

Der Roman spielt im Deutschland des 19. Jahrhunderts, im Fokus steht das Geschwisterpaar Fanny und Paul Sommer. Während des gesamten Romans schreiben die beiden sich Briefe, in denen sie ihre Lebenssituation beschreiben. Paul, ein junger, abenteuerlustiger Mann reist um die Welt, während seine Schwester noch unverheiratet ist und befürchten muss, in ein Damenstift geschickt zu werden.

Die beiden verbindet der Drang nach Freiheit – jeder versucht, diese auf seine eigene Art und Weise zu leben. Während des Romans kommt der Leser insbesondere Fanny sehr nah. Die Gefühle und der Drang, ein freies Leben zu führen, sind förmlich spürbar. Auch die Nebencharaktere sind gut durchdacht und runden den Einblick ins 19. Jahrhundert ab. Die Charaktere haben zwar auch ihre negativen Seiten (Fanny ist ein wenig naiv, Paul handelt nicht immer richtig), dennoch waren sie mir recht sympathisch und ich konnte mit ihnen mitfühlen und mitfiebern. Der Schreibstil liest sich recht gut, er passt zum Gesamtbild des Romans.

Wie nebenbei fließen auch einige geschichtliche und literarische Informationen ins Buch rein. Das war meiner Meinung nach sehr angenehm und unaufdringlich. Zudem gibt es keine klassische Liebesgeschichte, vielmehr geht es um die Liebe und Verbundenheit zwischen Bruder und Schwester, Freiheit und Zwang, Wahrheit und Lüge und um die unterschiedliche gesellschaftliche (und rechtliche) Lage von Männern und Frauen. Zudem sind alle Charaktere wandelbar – sie entwickeln sich und sind durchweg glaubwürdig. Das Ende war meiner Meinung nach sehr gut geschrieben, mit viel Feingefühl und Tiefsinn. Auch nach Beenden der Lektüre hatte ich viel Spaß dabei, mir noch weitere Gedanken über das Gelesene zu machen.

Fazit: Gelungene Geschichte mit gut ausgearbeiteten Personen – liest sich sehr schnell weg.

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